Freitag, 22. Juni. Dritter Flug zur Ostküste in diesem Monat. Umsteigen in New York, John F. Kennedy Airport. Nach Philadelphia geht es mit einer kleinen Turboprop-Maschine, die natürlich ein paar Minuten Verspätung hat. Statt um 16:50 soll es nun gegen 17:15 Uhr los gehen. Ich gehe kurz nach fünf über das Rollfeld zum Flugzeug, das zu meiner Überraschung bis auf die Crew komplett leer ist. Ein paar Minuten später tröpfeln dann doch noch ein paar Passagiere ein. Es folgt die Sicherheitsbelehrung mit dem Satz: “Es kann sein, dass ihre Leselampe nicht funktioniert. Das tut uns leid – wir sind auch dabei, Flugzeuge wie dieses loszuwerden und gegen moderne Jets auszutauschen.” Sehr beruhigend, hoffentlich werden wenigstens noch die Motoren gewartet. Die ältere Dame neben mir schlägt in die gleiche Kerbe: “Na, einen Flug sollte diese Maschine aber noch überstehen.”

Zehn Minuten später stehen wir immer noch nicht auf der Startbahn. Der Captain meldet sich zu Wort und erklärt, dass wir noch nicht starten können, weil der Luftraum überlastet sei. Dann, dass wir nun los könnten, doch noch 15 Flugzeuge vor uns dran seien. Die Passagiere werden unruhig, die Flugbegleiterin teilt schon mal ein paar Knabbereien aus und meint, dass das noch gar nichts sei: “Gestern mussten wir auf 80 Flieger vor uns warten.” – “Sie meinen 18, eins-acht, oder?” fragt etwas ungläubig ein anderer Mitreisender. “Nein”, kommt die Antwort, “80.” Wie beruhigend.

Irgendwann gegen halb sieben sind wir dann doch in der Luft. Schlimmste Turbulenzen, die mir teilweise die Zeitschrift aus den Händen reißen. Die Dame neben mir sieht das mit Skepsis: “In der Luft wären wir, aber wer weiß, ob wir auch genauso heil wieder runterkommen.” Ich erzähle ihr von Luftströmungen über Land und Wasser, von Druck- und Temperaturdifferenzen. Sie fragt mich, ob ich ein Pilot sei. I wo, nur jemand, der seine Diplomarbeit im Fachgebiet Strömungsmechanik geschrieben hat.

Philadelphia kommt windgeschüttelt näher. Mit einigen rüden Manövern verlieren wir an Höhe und kreuzen wie ein Segelschiff bei starkem Gegenwind nach unten. Die Dame neben mir: “Der Pilot ist sicher ein guter Skiläufer.” Sehr gut. Nach der Landung habe ich es nicht so eilig, die Maschine zu verlassen. Schließlich muss meine Tasche ja erst noch den Weg zur Gepäckausgabe finden. Ich frage die Flugbegleiterin, ob es gleich wieder zurück nach New York geht, was diese mit der Frage beantwortet, ob ich aus England sei. Fast, aus Deutschland. Oh, meint sie, ich spreche auch Deutsch. Stellt sich heraus, dass sie während des Studiums eine Weile in in mehreren deutschen Orten gelebt hat. Selbst die Stadt Essen ist ihr bekannt. Erstaunlich. Da sie jedoch die Kabine wieder auf Vordermann bringen muss, ziehe ich von dannen.

Der Rückflug nach San Francisco gestaltet sich weniger spektakulär, von wilden Verspätungen abgesehen. Statt um 11 Uhr 45 geht es erst um viertel vor eins nach Atlanta, wo wir von 14:15 bis etwa 14:45 Uhr über dem Flughafen kreisen. Durchsage des Captains: “Sehr geehrte Passagiere, inzwischen haben vermutlich etwa die Hälfte von ihnen ihre Anschlussflüge verpasst. (…)” Großartig. Da wir auch noch an einem anderen Terminal als geplant landen, mache ich mir ebenfalls leichte Sorgen um den zeitnahen Umstieg. Doch keine Sorge: Der Abflug in den Westen verschiebt sich von 15:26 auf 16:15 Uhr. Angeblich. Denn bis wir endlich abheben, vergehen nochmals eineinhalb Stunden. Diesmal liegt der gesamte Flughafen wegen schlechter Wetterverhältnisse lahm. Draußen gibt’s sichtbar allerdings weder Regen noch Sturm – nur 45 Flugzeuge, die vor uns starten wollen. Kurz vor halb acht dann endlich in San Francisco. Flugreisen, glamourös? Grober Unfug.

Comments

4 Responses to “Nur Fliegen ist schöner”

  1. Tom on June 26th, 2007 21:57

    “Sir, wir haben eine Lebensform geortet.”

    Willkommen zurück – ob nun für kurz oder etwas länger.

  2. Traveller on June 27th, 2007 1:20

    Naja, die Zeiten wo Flugreisen noch glamourös waren, liegen dann wohl doch schon einige Jahrzehnte zurück. Aber gerade in den USA ist der Flieger oft die einzige Möglichkeit. Das harte Los des Reisenden.

  3. Markus on June 27th, 2007 6:53

    Von New York nach Philly faehrt man auch mit dem Bus, ist im Zweifelsfall schneller…

  4. ro on June 27th, 2007 8:23

    Markus, ich hab schon mal den Zug von Philly nach New York genommen, auch gut – hält an der Penn Station und dann von dort per Taxi zum Flughafen. Aber wenn man privat reist, addieren sich Taxikosten rasch auf.

    Sehen wir uns eigentlich auf der E3-Ruine?

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