Dafür musste ich heute erst nach Boston fliegen: um den ersten Schnee des Bond-Jahres 2007 zu sehen und mich bei der Wanderung zum Drogeriemarkt fast auf die Nase zu legen. Deutschland hat das ja letztes Jahr zu Weihnachten nicht hinbekommen.

Amerikaner schimpfen ja gerne über Europäer und insbesondere Deutsche, was die Indizierung von Computer- und Videospielen angeht. Von Zensur ist da schnell die Rede und manchmal auch von Bücherverbrennung.

Ah, Bücher. Gutes Stichwort. Da gab es doch vom 23. bis 30. September 2006 die Woche des verbotenen Buches. Der Verband der amerikanischen Büchereien gab zu diesem Anlass eine Liste von Titeln heraus, die auf Antrag einzelner Personen aus öffentlichen oder Schulbüchereien entfernt wurden. Kostprobe gefällig?

– The Adventures of Huckleberry Finn
– Anne Frank: The Diary of a Young Girl
– The Catcher in the Rye
– Garfield: His Nine Lives
– Harry Potter (alle Teile)
– Little Red Riding Hood
– Merriam-Webster’s Collegiate Dictionary
– To Kill a Mockingbird

Nun mag sich der geneigte Leser über den Geisteszustand der Antragsteller wundern. Garfield? Das Tagebuch der Anne Frank? Rotkäppchen? Wie so oft hilft die noch immer kostenlose Zeitungswochenendbeilage Parade weiter. The Adventures of Huckleberry Finn verwende wie To Kill a Mockingbird rassistische Begriffe – tja, liebe Amerikaner, so waren eure Landsleute möglicherweise vor ein paar Jahrzehnten drauf. Harry Potter sei okkult belastet, The Catcher in the Rye, Merriam-Webster’s Collegiate Dictionary und Garfield: His Nine Lives enthielten angeblich anstößige Formulierungen – immerhin wurde Garfield nur aus den Kinderabteilungen der Büchereien entfernt. Anne Frank: The Diary of a Young Girl sei “sexually explicit”, da fällt mir kein Kommentar ein.

Mein persönlicher Favorit: Little Red Riding Hood, weil in Rotkäppchens Korb eine Flasche Wein für die Großmutter liege. Ein schwacher Lichtstreif am Horizont: Seit 1990 wurden solche Entscheidungen über 8.7000 Mal angefochten, darunter Bücher wie Freakonomics, Fahrenheit 451 und die Bibel. Allerdings nicht immer erfolgreich.

Hier lief die Merchandising-Abteilung Amok:

What’s this?


Mein Blog-Fu ist derzeit nicht das Beste. Dafür ist mein Yelp-Fu umso größer. Wer wissen will, wo sich ein US-Korrespondent in der Bay Area so rumtreibt und wohin er seine etwaigen Besucher bevorzugt führt, ist hier genau richtig.

Ein Entertainment-Weekly-Leser fragt die Filmkritikerin Lisa Schwarzbaum:

How do critics who are years older than the target audience get inside the heads of teenagers and young adults?

Diese antwortet:

I don’t think the job of any critic is to get inside anybody’s cranium – not that of teens, chicks, comic-book fanboys, not even of middle-aged art-house regulars who never miss a Finnish gem by Aki Kaurismäki. Rather, I think a good critic needs to be able to analyze what a movie is trying to do and then assess how well it fullfills its aims – a job for which movie-going experience beyond young adulthood is necessary.

Eine weise, wahre Aussage. Gültig auch für alle anderen Mediengattungen.

Zeitlos

Filed Under Spruchreif | 1 Comment

To live in itself is very rare, most people simply do an extension of what it takes to exist.

(Oscar Wilde)

So manche Pressemitteilung gibt’s, wenn neue Zeitschriften das Licht der Welt erblicken. Über deren Ableben erfährt man nur, wenn man als Käufer die neueste Ausgabe am Kiosk sucht und nicht mehr findet. retromedia.de hilft: Hier sind satte 87 Titel versammelt, die 2006 ins Gras gebissen haben.

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